Debatte über Todesstrafe: Sri Lanka sucht Henker

Seit langem ist in Sri Lanka keine Todesstrafe mehr vollstreckt worden. Präsident Sirisena will das ändern – wegen des Kampfs gegen Drogen. Nun sucht die Regierung Henker – per Inserat.

Job-Gelegenheit – die Anzeige erschien gut sichtbar in den „Daily News“, der großen englischsprachigen staatlichen Tageszeitung. Eine drittel Seite links oben über dem Bruch – auffälliger geht es kaum. Selbst die Annonce daneben, mit deren Hilfe die Uni Colombo einen neuen stellvertretenden Bibliothekar einstellen will, bekam noch ausreichend Aufmerksamkeit.

Die Anzeigenseite der „Daily News“ fand bislang eher selten derart internationale Beachtung. Wie man es auch nimmt: Die Politik in Sri Lanka schafft Arbeitsplätze, zumindest zwei. „Nach allem, was ich aus den Parteien hier höre, werden wir die Todesstrafe wahrscheinlich irgendwann in den nächsten Monaten wieder einführen“, sagt Sri Lankas Präsident Maithripala Sirisena. „Ich bin jedenfalls fest entschlossen, dafür zu sorgen – selbst wenn es Proteste geben sollte.“

Dass das Justizministerium nun zwei neue Henker einstellen will, liegt auch an ihm. Sirisena lobt das philippinische Beispiel: Polizei und Justiz in Sri Lanka sollen künftig ähnlich kompromisslos gegen Drogenhändler vorgehen können. Einfangen, verurteilen, aufhängen – dieser Anti-Drogen-Dreiklang des philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte hat Sri Lankas Staatschef ganz offenbar tief beeindruckt. Bei einem Besuch im Januar ließ sich Sirisena nicht davon beirren, dass der Anti-Drogenkrieg auf den Philippinen mittlerweile tausende Unschuldige das Leben gekostet hat.

Auf den Straßen von Colombo findet die neue harte Linie der Politik Widerhall. „Wenn der Präsident die Todesstrafe wieder einführen will, dann ist das gut. Es gibt einfach zu viel Kriminalität in diesem Land“, sagt ein Zeitungsverkäufer. „Vor allem wegen der Drogen – die sorgen für Korruption und viele andere illegale Entwicklungen.“

Heroin, aber vor allem Cannabisprodukte sind weit verbreitet in Sri Lanka. Die Inselrepublik südlich von Indien wurde gerade vom Lonely-Planet-Reiseführer zum Ziel des Jahres 2019 gekürt. Dass die Routen der internationalen Kartelle auch über den neuen modernen Containerhafen von Colombo führen, ist bekannt. Seit Jahren steigt die Zahl der Festnahmen.

Seit 1976 alle Todesurteile umgewandelt

Drogenhandel ist in Sri Lanka schon lange mit der Todesstrafe belegt, allerdings wurden seit 1976 alle Todesurteile in lebenslang umgewandelt. Premierminister Ranil Wickremasinghe hält nicht viel vom Vorstoß seines Präsidenten, wird sich aber möglicherweise der Stimmung auf der Straße beugen müssen.

An seinem Stand stellt sich dieser Gemüsehändler vor die Kamera der Nachrichtenagentur Reuters. Hinter ihm blinkt aus dem Regal ein elektrischen Buddha und kündet vom ewigen Kreislauf von Unvollkommenheit und Wiedergeburt. „Die Todesstrafe muss eingeführt werden“, sagt der Gemüseverkäufer. „Wegen der vielen Gewalttaten, das wird immer mehr. Wir brauchen wieder einen Henker.“

Doch die nötigen Fachkräfte zu finden, wird möglicherweise nicht ganz einfach. Im März will man im Justizministerium damit beginnen, die ersten Bewerber zu befragen. Sie müssen zwischen 18 und 45 Jahre alt sein, männlich, und ohne Vorstrafen. Eine amtsärztliche Untersuchungsbescheinigung ist vorzulegen. Vor allem mentale Gesundheit wird jetzt verlangt. Sri Lankas letzter Henker hatte 2014 gekündigt, ohne jemals jemanden umgebracht zu haben. Von psychischem Stress im Angesicht des Galgens war die Rede. Sein Nachfolger war dann gar nicht erst zur Arbeit erschienen.

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